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Juli 2009

29. Juli

Raivavae
23 Grad 51 Minuten S
147 Grad 41 Minuten W






Unser Ankerplatz an der Hauptinsel

Nach fast fuenf Wochen auf Raivavae sind wir inzwischen mehr als ausgeschlafen und erholt  von unserer Ueberfahrt aus Neuseeland.

Raivavae gefaellt uns gut. Eine kleine, nur knapp 16 Km2 grosse Insel mitten im Nichts, 400 sm suedlich von Tahiti. Raivavae gehoert zu der Australinselgruppe und somit zum Staatengebiet Franzoesisch Polynesien. Die Kultur und auch der gesprochene Dialekt unterscheidet sich dabei jedoch noch einmal von den Gesellschaftsinseln, den Hauptinseln Franzoesisch Polynesiens mit Tahiti, Moorea, Bora Bora und einigen weiteren kleineren Inseln.
Raivavae ist neben der Osterinsel, oder Polynesisch Rapa Nui (Gross Rapa) und der zu den Australinseln gehoerenden Insel Rapa iti (Iti = Klein) einer der entlegensten besiedelten Orte der Welt. Und genau aus diesem Grund wollten wir auch hierher.
Der zweite Grund, Raivavae gilt neben Bora Bora als die schoenste Insel franz. Polynesiens. Und es stimmt. Es ist wirklich schoen hier. Sehr schoen sogar. Neben der Lagune mit zahlreichen grossen und kleinen Motus, die wir leider auf Grund von dauerhaft starkem Wind nicht alle besuchen konnten, hat Raivavae mehrere beindruckende Berge, der hoechste Mount Hiro ist immerhin gut 437 m hoch. 


Mt. Hiro


Am Aussenriff, endlich wieder Sonne satt und Strand so weit das Auge reicht...



Etwas gewoehnungsbeduerftig ist fuer uns die hiesige Vegetation WIr waren auf Suedsee satt eingestimmt, aber hier ist eben suedliche Suedsee. Neben Palmen, die leider fast alle etwas spaerlich und krank aussehen, gibt es hier ausgedehnte Kiefernwaelder. Auch auf den kleinen Motus. Und so erinnert uns die ein oder andere Ecke dann auch schon einmal an einen Segelurlaub an der Mecklenburger Bucht.


Pause unter Kiefern, Suedsee mal anders...aber auch schoen.

Ca. 900 Menschen leben auf Raivavae. Im 19. Jahrhundert waren es noch gut dreimal so viele, bis ein Grossteil der damaligen Bevoelkerung durch von Missionaren eingeschleppten Krankheitserregern dahingerafft wurde. Wie ueberall in Polynesien hinderte dies die Menschen nicht daran, nun besonders glaeubig zu sein. Sonntag ist auch hier Kirchentag. Ausser dem Besuch des Gottesdienstes geht an einem Sonntag nichts.

Bei unseren Spaziergaengen ueber die Insel sehen wir viele leere Haeuser. Es ist wie ueberall auf den kleinen Atollen und Inseln, es gibt nur eine Handvoll bezahlter Jobs und den eigenen Garten zur Selbstversorgung. Viele Menschen muessen die Insel daher verlassen um in Tahiti oder in Frankreich zu arbeiten. In den engen polynesischen Familienstrukturen oft keine leichte Entscheidung.



Tourismus sehen wir kaum. Zwar gibt es einen Flughafen und und eine regelmaessige Flugverbindung nach Tahiti, sowie eine Handvoll kleinerer Pensionen. Waehrend der fuenf Wochen unseres Aufenthaltes sehen wir jedoch nur ein schweizer Paar und eine franzoesische Familie aus Tahiti als Gaeste. Auch hier schlaegt die Finanzkrise zu, der Tourismus ist fast gaenzlich zum erliegen gekommen. Wir sind gespannt wie es in Papeete aussehen wird. Franzoesisch Polynesien gilt als die teuerste Urlaubsregion der Welt. Die Hotelpreise liegen in Tahiti und Bora Bora gerne einmal bei 80 000 PFr (700 Euro) pro Nacht und Person. Und auch die Lebensmittelpreise haben es in sich. Hier auf Raivavae zahlen wir fuer drei kleine Tomaten immerhin bereits umgerechnet 2,50 Euro.
Geld ausgeben  ist garnicht so einfach. Auf Raivavae gibt es weder Bank noch Geldautomat, Kreditkarten werden in keinem Laden akzeptiert. Wir haben ein bisschen getauschtes Geld aus Neuseeland dabei. Zum Glueck... 
Trotz aller wirtschaftlicher Schwierigkeiten schient es den Menschen  doch auch finanziell relativ gut zu gehen. Rund um die Insel fuehrt die einzige Strasse, knapp 20 km lang und wir staunen nicht schlecht als wir den hiesigen Fuhrpark sehen. Vor fast jedem Haus steht ein grosser Allrad Jeep, meist V6, oft Turbodiesel und nie aelter als vier, fuenf Jahre. Als uns Eric, einer der franzoesischen Gendarmen sein Auto fuer eine Inselrundfahrt leiht, gelingt es Helmut nur unter groessten Muehen schneller als 30 km/h zu fahren, die meisten der Autos duerften in ihrem Leben also nie mehr als den max. dritten Gang erleben...


Beeindruckender Fuhrpark fuer ganze 20 km Inselstrasse

In den meisten Haeusern sehen wir zudem grosse Flachbildschirme. Satellitenfernsehen, Telefon, MP3 Player und Mobiltelefone sind auch hier am Ende der Welt  inzwischen Standart. Wie sich das finanziert ist uns ein Raetsel. Sicherlich spielt wie auch schon auf Samoa und Tonga das Geld der Familienanghoerigen aus Frankreich eine grosse Rolle, sowie sicherlich auch die Sozialleistungen des franzoesischen Staates. Raivavae gehoert zu Frankreich, die Einwohner haben einen franzoesischen Pass und, so denken wir, somit wohl auch Anspruch auf die Sozialleistungen des franz. Staates.

Auf der Insel gibt es eine kleine Gendarmariestation. Eric, der hiesige Polizeichef wird fuer uns zu einem willkommenen Anlaufpunkt. Er spricht gut Englisch und ist zudem auch noch Segler. Immer Hilfsbereit  wird er fuer uns zum Geldtauschbuero, leiht uns sein Auto fuer eine Inselrundfahrt und bringt uns mit dem hiesigen Polizeiboot sogar frische Pampelmusen an Bord. Merci beaucoup!

   
Eric und Sohn bei der jaehrlichen Fete National, dem franzoesischen Nationalferiertag.


Raivave ist zwar nur knappe 16 km2 gross, dennoch ist es aufgeteilt in vier Distrikte. Das diese durchaus eine Rolle im taeglichen Leben spielen, merken wir spaetestens auf dem Heivafestival, das Mitte Juli auf allen Inseln Polynesiens stattfindet und das groesste kulturelle Fest des Jahres darstellt. Auch wenn wir solange eigentlich garnicht auf Raivavae bleiben wollten, entschliessen wir uns dazu abzuwarten und das Festival hier zu verleben.

Am Tag zuvor steht noch die Fete National an, der franzoesische Nationalfeiertag, der auch hier in Franz. Polynesien Staatsfeiertag ist.
Feierliches Fahnenhissen inklusive. Allerdings erscheinen nur wenige Inselbewohner zum Festakt.


Feierliches Fahnenhissen bei der Fete National

Am kommenden Tag beginnt das Heiva Festival. Hier messen sich die unterschiedlichen Distrikte in Wettkaempfen wie Speerwerfen, Kanu fahren, Tanzen, trommeln etc.
Helmut hat die Abschlussveranstaltung des Heiva Festivals vor einigen Jahren bereits einmal auf Tahiti erlebt, aber hier auf Raivavae ist es natuerlich nochmal ganz anders. Was in Tahiti laengst eine Tourismusveranstaltung ist, bei der man Eintritt zahlt und wohl auch nicht mehr so jedes Kostuem und jeder Tanz so ganz authentisch sind, ist das Festival hier auf Raivavae der Hoehepunkt im jaehrlichen Inselleben. Unverfaelscht und original.
Und wir freuen uns das miterleben zu duerfen.
In der ertsen Woche finden an drei Tagen Sportwettkaempfe statt. Zuerst Speerwerfen fuer die Maenner und Laufen fuer die Frauen.


 


Das Speerwerfen beeindruckt uns besonders. Die Maenner muessen aus ca. 30 Metern Entfernung eine auf einer etwa 10 m Hohen Stange montierte Kokosnuss treffen und verwenden dazu selbst hergestellte Speere, individuell nach Werfer aus Bambus oder anderem langen und natuerlich moeglichst geraden Stoecken mit einer Metallspitze. Das ueberhaupt jemand die Nuss trifft ist fuer uns zunaechst unvorstellbar. Aber es geht...
 Dann Kanurennen. Einzelkanu, Dreierkanu, Sechser und Zwoelfer. Jeweils einmal die Frauen gegen einander, dann die Maenner. Auf "Lop to" haben wir dabei einen Logenplatz. Unser Ankerplatz makiert die Ziellinie.





In der zweiten Woche finden dann an drei Tagen der kulturelle Teil des Festivals statt, mit Tanz, Trommeln und Gesang. Jedes Dorf hat seiner Farbe entsprechende Kostueme und wir staunen ueber die Muehe, die die einzelnen Gruppen darauf verwendet haben.







Bei den einzelnen Wettbewerben merken wir schnell, das die Insulaner den Wettkampf ernst nehmen. Stoisch wird nur fuer das eigene Dorf geklatscht, bei anderen auch gerne schon mal laut gemeckert oder geschimpft. Ueberhaupt nutzen wir die Festivalzeit fuer unsere eigenen Beobachtungen und sind erstaunt ueber den doch recht robusten Umgang der Menchen untereinander. Waehrend zu uns eigentlich jeder nett ist, viel gelaechelt wird und, obwohl wir leider kein Franzoesisch sprechen, uns jeder mit Ca va und Bonjour  begegnet , ist es untereinander manchmal doch ein wenig unterkuehlt. Und bei der Betrachtung einiger Familien stellen wir fest das auch der ein oder andere Mann innerhalb der Familie und  unter der Fuchtel seiner Frau wenig zu lachen hat...
Leider spielt das Wetter beim Heiva Fetsival nicht immer mit. Am zweiten Abend behindert starker Wind die Darbietungen und zerpflueckt das ein oder andere Kostuem. Die Abschlussveranstaltung muss dann auf Grund von starkem Regen und Wind gleich zweimal verschoben werden. Immerhin beschert uns dies einen unerwarteten Einblick in die hiesigen Kleiderschraenke. Der Kaelteeinbruch auf immerhin gute 18 Grad scheint fuer die meisten Insulaer fast arktischer Kaelte zu gleichen und man greift zur Pelzjacke. Ja. richtig gelesen. Da stand eben wirklich Pelzjacke. Je nach gesellschaftlichem Stand traegt die Raivavaenerin oder auch der Raivavaener echtes Kaninchen oder Polyesterwebpelz. Gerne auch in Kombination mit Badeschlappen.  
Wir staunen nicht schlecht und halten mit Fleecepullovern, die wir eigentlich schon ganz nach unten in den Schrank verbannt hatten gegen. Auch wir frieren inzwischen bei 18 Grad...






Morgen soll es weiter gehen in Richtung Tahiti. Fuer die 400 sm rechnen wir mit einem Tripp von drei Tagen. Nach fast 8 Wochen mehr oder weniger starkem Wind wuenschen wir uns jetzt endlich einmal Kaffeesegeln satt. Und Sonne. Und wissen jetzt, wenn es damit nicht klappt, koennen wir immer noch unsere neuseelaendischen Fellstiefel  aus dem Schrank zaubern...